Menstruation und Impfung: Diese Zusammenhänge machen sprachlos

Einfluss der Covid Impfung auf die Menstruation

Zum Jahresbeginn wurden erste Studienergebnisse zu einem Thema veröffentlicht, das vorher lange Zeit unter den Teppich gekehrt wurde: Es geht um Störungen im Menstruationszyklus durch die Corona-Impfung.

Viele Frauen beobachteten nach der Impfung Veränderungen in ihrem Zyklus. Meistens ging es um verstärkte Blutungen oder verlängerte Zyklen. Aber auch von Blutungen nach der Menopause wurden vielfach berichtet. (5) Gynäkologen erklärten diese Phänomene durch veränderte Lebensumstände aufgrund der Pandemie oder durch Stress.

Viele Frauen würden sich vor der Impfung aufregen und könnten dann nicht schlafen, so Christian Albring, der Vorsitzende des deutschen Frauenärzteverbundes. Viele würden ihren Zyklus nach der Impfung auch genauer beobachten, weshalb Veränderungen dann stärker auffielen als sonst. Die Störungen kämen also vermutlich nicht durch den Impfstoff selbst zustande, sondern entstünden eher durch andere, psychische Belastungsfaktoren. Man solle die Veränderungen auch nicht allzu ernst nehmen, weil sie meist "nur vorübergehend" und "im normalen Rahmen" seien. (9)

Genügt Stress als Erklärung?

Natürlich ist die Aussage korrekt, dass Stress den empfindlichen Hormonhaushalt im Zyklus durcheinanderbringen kann - das kennt jede Frau und die biologischen Zusammenhänge liegen auf der Hand. Aber ist es wirklich legitim, Frauen, die Stress als Ursache für sich ganz klar ausschließen können und die ihre Menstruation sonst auf den Tag genau vorhersagen können, einen psychosomatischen Stempel aufzudrücken?

Die in den sozialen Medien weit ausufernde Diskussion von betroffenen Frauen zeigt, dass "Stress" für viele eben keine plausible Erklärung darstellt. Genau darum ist auch ein großes Informationsvakuum und der perfekte Nährboden für Mythen und Verschwörungstheorien entstanden. Wir Menschen neigen doch immer noch dazu, nach Erklärungen für Phänomene zu suchen, die uns beschäftigen.

Und der Menstruationszyklus beschäftigt Frauen eben nicht nur während der Menstruation. Vielmehr werden wir durch Sexualhormone über den gesamten Zyklus in irgendeiner Art und Weise beeinflusst. Wenn der Zyklus in seinem Ablauf gestört ist, müssen wir uns also notgedrungen permanent damit auseinander setzen.

Vielschichtiges Phänomen

Ich möchte darauf eingehen, warum die Sorgen um veränderte Menstruationszyklen unbedingt ernstzunehmen sind und warum die scheinbar zunächst so plausibel scheinende Erklärung "Stress" das Phänomen bagatellisiert. Denn der Umgang mit Impfnebenwirkungen auf den Menstruationszyklus ist aus mehreren Gründen absolut exemplarisch für ein komplexes Phänomen, das für viele Frauen drastische Folgen hat.

Zunächst ist festzuhalten: Der Menstruationszyklus hat prinizipiell lange nicht die Aufmerksamkeit in der Medizin, die ihm wegen des permanenten Zusammenspiels mit sämtlichen Körperfunktionen eigentlich zukommen müsste - weder in der universitären Lehre oder der Forschung, noch in der alltäglichen Praxis. Verschiedenste Faktoren haben zu dieser Entwicklung beigetragen.

Untererforschte Frauenkörper

Frauenkörper sind in der Medizin systematisch "untererforscht". Befasst man sich näher damit, so erlebt man viele Momente, die so unfassbar absurd sind, dass sie sprachlos machen. Ich arbeitete vor einigen Jahren an meiner Masterthesis und suchte in diesem Rahmen das Lehrkrankenhaus, der Universität also angegliedert, auf, um ein wirklichkeitsgetreues, anatomisches Modell der Vagina zu sehen. Mir wurde ein simpler Lederschlauch präsentiert. Meine Rückversicherungen, dass man wirklich keine anderen anatomischen Modelle in der gynäkologischen Lehre zur Verfügung hätte, wurden bejaht. Die weibliche Anatomie wurde von Studenten also anhand eines Lederschlauchs erkundet, der weder eine Klitoris, noch Schamlippen, noch die reale Beschaffenheit einer Vagina abbildet. Ich konnte meine Fassungslosigkeit spontan nicht in Worte fassen.

Dieses Erlebnis auf der gynäkologischen Lehrstation lässt sich im Rückblick gut erklären - wenn auch nicht entschuldigen. Denn erst seit Anfang des Jahres 2020 sind Modelle der Vulva überhaupt auf dem Markt erhältlich. (7) Es ist dem ausdauernden Einsatz und der Forschung des Basler Biologen Daniel Haag-Wackernagel zu verdanken, dass die Klitoris nun korrekt in Anatomiebüchern und als Modell in der Lehre gezeigt werden kann.

Männlicher Körper als Standard

Die Medizin greift im Großteil ihrer Studien immer noch auf den männlichen Körper als Standard zurück. Dieser Standard-Mann ist 1,80m groß und 75kg schwer. Frauen werden in diesem Sinn als "kleinere Männer" betrachtet. Frauenspezifische anatomische Gegebenheiten wie die Klitoris sind in so einer Herangehensweisen nicht vorgesehen. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass dieses weibliche Lustorgan erst 1998 vollständig beschrieben werden konnte. Es sollte sogar noch bis ins Jahr 2016 dauern, bis der Öffentlichkeit ein anatomisches Modell gezeigt werden konnte (6).

Einfluss der Hormone

Doch nicht nur die Anatomie, auch der unterschiedliche Stoffwechsel und Hormonhaushalt macht der stark vereinfachten Forschung einen Strich durch die Rechnung: Frauen reagieren nämlich auf viele Pharmazeutika völlig anders als Männer. Bei den Covid-Impfstoffen zeigen Frauen beispielsweise doppelt so viele Nebenwirkungen (3)

Ein Grund liegt im Zusammenspiel zwischen Menstruationszyklus und dem Immunsystem. Denn die Hormone Östrogen, Progesteron und Testosteron, die im Zyklus in unterschiedlicher Konzentration auf den Körper einwirken, interagieren mit dem Immunsystem. So ist beispielsweise die Immunreaktion zu Beginn des Zyklus am stärksten und sinkt während der Ovulation und Menstruation (10).

Auch Körpergewicht beeinflusst Wirkung

Natürlich spielt auch das niedrigere Körpergewicht eine Rolle dabei, wie bestimmte Medikamente oder Impfstoffe verstoffwechselt werden. Das ist ein Problem, denn bei vielen Medikamenten zeigte die gleiche Dosierung eine völlig andere oder zu lange Wirkung. Bei dem Schlafmittel Zolipdem konnte beispielsweise beobachtet werden, dass Frauen am nächsten Morgen gehäuft Autounfälle verursachten, da ihr Körper das Medikament noch nicht vollständig abgebaut hatte (4).

Frauen werden oft nicht ernst genommen

Ein weiterer Aspekt wird nicht so gerne angesprochen, da er sich nicht so leicht in Worte fassen lässt: Beschwerden von Frauen werden oft nicht ernstgenommen und unter einen psychosomatischen Teppich gekehrt (13). Historisch betrachtet lassen sich hierzu sehr, sehr viele Beispiele finden. So war die Hysterie bis weit ins 20. Jahrhundert hinein eine valide Diagnose, wenn Frauen in den Augen von Männern "mal wieder außer Kontrolle gerieten". Schon Platon beschrieb diese offenbar furchterregende Krankheit (daher auch der Begriff der Hysterie, von griech. "hystéra" = Gebärmutter):

Die Gebärmutter ist ein Tier, das glühend nach Kindern verlangt. Bleibt dasselbe nach der Geburt lange unfruchtbar, so entzürnt es sich, durchzieht den ganzen Körper, verstopft die Luftwege, hemmt die Atmung und drängt auf diese Weise den Körper in die größten Gefahren und erzeugt allerlei Krankheiten. (14)

DIe scheinbare Einbildung weiblicher Beschwerden lässt sich auch quantiativ darstellen: Untersuchungen aus den USA haben gezeigt, dass Männer bereits nach 49 Minuten Wartezeit in der Notaufnahme ein Schmerzmittel gegen Bauchschmerzen bekommen, Frauen erst nach 65 Minuten. (8)

Diagnose oft falsch

Aber auch die Diagnose ist bei Frauen häufiger falsch. Beispielsweise können auch Frauen - anders als selbst viele Ärzte glauben - einen Herzinfarkt erleiden. Sie zeigen andere Symptome als Männer und bekommen in 59% der Fälle nicht die korrekte Diagnose (11). Zudem sterben sie dann - auch in Folge der falschen Diagnose - häufiger daran (12).

Man muss an dieser Stelle wirklich drastische Worte finden: Aufgrund von Selbstzufriedenheit, Gleichgültigkeit und Ignoranz sind gefährliche Defizite in der Diagnose und Behandlung zahlreicher weiblicher Krankheitsbilder entstanden und hingenommen worden, die sich durch nachvollziehbare medizinische Gründe nicht erklären lassen.

Warum wird Menstruationszyklus nicht erforscht?

Doch warum genau findet nun der Menstruationszyklus in der medizinischen Forschung nicht statt? Der Zyklus ist zweifelsohne kein einfaches Terrain. Auch deshalb wurde das Thema bislang marginalisiert, so dass auch entsprechend wenige Daten vorliegen. Das wiederum macht es dementsprechend schwierig, ihn als selbstverständlichen Faktor mit in die Forschung einzubeziehen. Gleichzeitig darf das kein Grund sein, es auch in Zukunft zu unterlassen.

Eine Forscherin ließ verlauten, der Zyklus sei "so unglaublich schwierig zu erforschen" (15). Diese Begründung ist absurd. Denn einerseits widerspricht es der Grundmotivation von Wissenschaft, Wissenslücken zu schließen, und andererseits muss man irgendwann schließlich immer an einem Punkt 0 anfangen, wenn man sich weiterentwickeln will.

Gesunder Zyklus derzeit kein Therapieziel

Es stellt sich natürlich die Frage, wie wichtig so ein Menstruationszyklus überhaupt sein kann, dass man so ein Aufheben darum macht. Ein bisschen bluten hier und da, wozu die ganze Aufregung? Doch obwohl mittlerweile eindeutig belegt werden kann, welch großer Zusammenhang zwischen dem hormonellen Gleichgewicht - und genau hierfür steht eine regelmäßiger Zyklus - und der allgemeinen Gesundheit und dem weiblichen Wohlbefinden besteht, scheinen das viele Frauenärzte ganz anders zu sehen: Ein funktionierender, natürlicher Zyklus für sich genommen scheint kein therapiebedürftiges Ziel zu sein. Und selbst wenn signifikante Beschwerden bestehen, bedürfen diese scheinbar nicht automatisch einer Therapie.

Das Polyzystische Ovarialsyndroms - kurs PCOS - dient hierfür als perfektes Beispiel. Es sei dazu gesagt: Dieses Syndrom umfasst vielfältige, teils schwerwiegende Symptome wie Unfruchtbarkeit, Fettleibigkeit oder Panikstörungen. Gemäß der ärztlichen Behandlungsrichtlinien wird hier zwischen Patientinnen mit und ohne Kinderwunsch unterschieden. Merke: Eine Patientin ohne Kinderwunsch braucht offenbar keinen regelmäßigen Zyklus und auch keinen Eisprung.

So verwundert es nicht, dass als Standardtherapeutikum für Patientinnen ohne Kinderwunsch ein hormonelles Verhütungspräparat à la Antibabypille vorgesehen ist (1). Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Pille das hormonelle Gleichgewicht nicht herstellt, sondern vielmehr nur Symptome überdeckt.

Was ist ein normaler Zyklus?

Auch die Definition dessen, was ein normaler Menstruationsyklus sein soll und in welchem Rahmen er beurteilt werden soll, erscheint fragwürdig. In den internationalen Studien wird sich oft auf den US-amerikanischen Frauenärzteverband American College of Obstetricians and Gynecologists berufen. Dem zufolge gelten Abweichungen der Zykluslänge von bis zu 8 Tagen als normal (2).

Im Zeitalter des zunehmenden Bewusstseins für den Zyklus ist dieser Zeitrahmen viel zu groß. Denn immer mehr Frauen können mithilfe von Selbstbeobachtung, auch mithilfe von Zyklus-Apps oder Wearables Faktoren wie Stress, eine veränderte Ernährung oder ihren Schlafrhythmus ganz genau nachvollziehen.

Welche Erklärung für Menstruationsstörungen nach Impfung?

Um zur anfänglichen Frage zurückzukommen: Auch ich habe mir natürlich die Frage gestellt, wie Impfung und Menstruationsstörungen wohl zusammenhängen könnten. Die Information, dass Vagina und Gebärmutter in ihrer Schleimhaut unzählige Immunzellen tragen, die wie selbstverständlich mit Blutungen auf die Impfung reagieren, weil diese das Immunsystem triggert, erschien mir persönlich als die plausibelste Antwort und hat mich beruhigt.

Ich frage mich nur, warum es niemandem früher möglich war, dies in der Öffentlichkeit genau so zu kommunizieren, obwohl diese Information doch bekannt hätte sein müssen.

Ein funktionierender natürlicher Zyklus - und hierfür steht die regelmäßige und nicht zu starke Blutung an allererster Stelle - ist ein absoluter Schlüsselindikator für weibliche Gesundheit. Zweifel an dieser medizinischen Tatsache und gelebten Wirklichkeit schafft Misstrauen in die Medizin und vertieft den Medical Gender Gap, den wir so dringend überwinden müssen.

 

Quellenangaben:

(1) https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/polyzystisches-ovarialsyndrom-pcos
(2) https://journals.lww.com/greenjournal/fulltext/9900/association_between_menstrual_cycle_length_and.357.aspx
(3) https://science.orf.at/stories/3206404/
(4) https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/gendermedizin-medikamente-koennen-je-nach-geschlecht-unterschiedlich-wirken
(5) https://www.rnd.de/gesundheit/vaginale-blutungen-nach-corona-impfung-loesen-mrna-impfstoffe-zyklusstoerungen-aus-VM7W2HDUHFBELKO2LHQK7OOC5Q.html
(6) https://www.watson.ch/wissen/gender/356387886-liebe-frauen-unterschaetzt-eure-klitoris-nicht
(7) http://haag-wackernagel.ch/de/Sexualbiologie-Modelle-Klitoris-Vulva
(8) https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=383803
(9) https://www.swr.de/wissen/menstruationsveraenderung-nach-corona-impfung-100.html
(10) https://www.nature.com/articles/mi201346
(11) http://acc.sagepub.com/content/early/2016/08/29/2048872616661693.full
(12) https://www.swr.de/wissen/frauenherzen-schlagen-anders-104.html
(13) https://link.springer.com/article/10.1007/s00729-019-0110-5
(14) https://www.uniklinikum-saarland.de/fileadmin/UKS/Einrichtungen/Kliniken_und_Institute/Neurologie_und_Psychiatrie/Psychiatrie/lehre/Gress_H/AusVorHyHist.pdf
(15) https://www.npr.org/sections/health-shots/2021/08/09/1024190379/covid-vaccine-period-menstrual-cycle-research

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